Der nachfolgende Artikel erschien im April 2008 in der Tageszeitung Die Welt.
Mit diesem Wegabschnitt des baltisch-westfälischen Jakobsweges, der Via Baltica, wurde deren Verbindung zwischen der Hansestadt Lübeck nach Hamburg, und weiter bis nach Wedel hergestellt. In Wedel angekommen können Pilgernde sich seither vom „Fährmann“ an das gegenüberliegende Elbufer übersetzen lassen – und dort ihren Weg durch das Alte Land in Richtung Zeven und Bremen auf dem markierten Jakobsweg fortsetzen.
Das war bereits im Jahre 2008.
« Die berühmte, über 3000 Kilometer lange Wanderstrecke ist von nun an noch länger. Am Wochenende wird ein Wegabschnitt in Norddeutschland eröffnet. Von dort startende Pilger müssen auch durch die Hamburger Innenstadt – und natürlich über die Elbe.
Auf die Frage, wo der Jakobsweg beginnt, erhält man in Spanien die Antwort: „El camino comienza en su casa“. Das können Pilger aus Norddeutschland jetzt wörtlich nehmen. An diesem Wochenende wird ein 120 Kilometer langer Wegabschnitt von Lübeck nach Wedel eröffnet. Dort geht es mit der Fähre über die Elbe nach Niedersachsen und via Bremen und Köln weiter Richtung Frankreich und Spanien.
„Damit ist die komplette Strecke nach Santiago begehbar“, sagt der Pilger Klaus Letulé. Als Mitglied der St.-Jakobus-Gesellschaft hat er weite Teile der schleswig-holsteinischen Strecke mit Aufklebern markiert, auf denen das Pilger-Symbol, eine gelbe Jakobsmuschel prangt.
Am Sonntag macht sich auch die Lübecker Ärztin Swantje Knopf auf den Weg Richtung Spanien. „Ich starte direkt von der eigenen Haustür aus“, sagt die 30-Jährige, die für die rund 3500 Kilometer, ein kleiner Umweg in Frankreich inklusive, rund 180 Tage eingeplant hat.
Die 1987 in Aachen gegründete Deutsche St.-Jakobus-Gesellschaft hat es sich zum Ziel gemacht, die Infrastruktur auf den Wegen zum Grab des Apostels Jakobus im spanischen Santiago de Compostela zu verbessern. Die Sternenwege der Pilger in Richtung Spanien haben eine 1000 Jahre alte Tradition. Im Mittelalter kam ein wesentlicher Bestandteil der Pilger aus dem Norden. So sei die Strecke der Via Baltica zwischen Usedom und Osnabrück, zu der auch der jetzt fertiggestellte Abschnitt zwischen Lübeck über Bad Oldesloe und Hamburg nach Wedel gehört, in enger Anlehnung an die alten Hansewege ausgezeichnet worden.
„Es ist eine sehr reizvolle Strecke durch die Natur, die oft am Wasser entlang führt“, sagt Letulé. „Im Hamburger Stadtgebiet geht es als Kontrast quer durch die Innenstadt runter zur Elbe.“ Die 120 Kilometer sind in sechs Tagesabschnitte unterteilt. Nach vorheriger Anmeldung und mit einem eigenen Schlafsack könne in Kirchengemeinden oder bei Privatpersonen übernachtet werden. „Wir suchen noch weiter preiswerte Unterkünfte zwischen drei und fünf Euro pro Nacht“, erklärt Letulé, der bereits selbst vor einigen Jahren von der Schweiz aus bis nach Santiago gepilgert ist.
Bereits vor der offiziellen Eröffnung seien einige Anfragen zu den Wegstrecken und zu Unterkünften eingegangen. Viele wollten das Pilgern erst testen und sich auf den Wegen hierzulande ausprobieren. „20 Kilometer sind eine optimale Tagesetappe. Wichtig sei, sich an die Langsamkeit zu gewöhnen und sich Zeit zu nehmen rechts und links zu schauen. Zu Fuß sieht man die Welt mit anderen Augen.“
Spätestens seit dem Bestseller „Ich bin dann mal weg“, in dem Entertainer Hape Kerkeling von seinen Erfahrungen auf dem Jakobsweg berichtet, ist bei den Deutschen ein wahrer Pilger-Boom ausgebrochen. Nach Angaben der St.-Jakobus-Gesellschaft stieg die Zahl der Bundesbürger, die 2007 nach Santiago pilgerten, im Vergleich zum Vorjahr von 8097 auf 13.837. Damit waren zwölf Prozent aller Pilger, die in Santiago ankamen, Deutsche. Um den Pilgerstatus und die symbolische Jakobsmuschel zu erhalten, müssen mindestens die letzten hundert Kilometer zu Fuß zurückgelegt werden. »
Quelle: Veröffentlicht am 23.04.2008 in der WELT